11:30 pm.
Jemand hakt seine Daumen unter weiße Spitze, um sie über Hüftknochen zu schieben. Raue Hände auf nackten Beinen. Ein Rücken wird durchgebogen. Zähne bohren sich in einen Zeigefinger um die Geräusche hinter dem Gaumen zu ersticken.
Eine kurze Unaufmerksamkeit, Rollentausch. Stark wird zu schwach zu weich zu hart und samtige Konturen bleiben zwischen grauen Laken. Ineinander verschränkte Hände. Atem, der die leisen Gespräche übertönt, die durch das gekippte Fenster hineindringen.
Berührungen wie Hasenpfoten und Milch.
00:45 am.
Eine Bierflasche, umgestoßen von fahrigen, fast lahmen Händen.
„Pass doch auf!“ als leise Ermahnung an sich selbst.
Durch die Haare fahren. Durchatmen. Klar werden. Es versuchen und scheitern. Billige Zigaretten, die viel zu schnell runterbrennen.
„Noch eins?“
Nicken.
Ein feuchtes Tropfennetz auf dem kühlen, braunen Glas. Ein weiterer Strich auf einem welligen Bierdeckel. Finger hinterlassen Schlieren auf dem Flaschenhals. Einer lacht zu laut und ein anderer beteuert, dass es andere Zeiten waren, damals, als die Zeit eigentlich dieselbe war. Man kann die Augen zusammenkneifen um nur die Hälfte zu sehen, wenn man zurückblickt.
Das Bier schmeckt immer dann besonders gut, wenn es sich unter Zigarettenrauch und Reue mischt.
00:57 am.
Auch zu dieser Stunde ist der Asphalt noch aufgeheizt vom ewigwährenden Sommer. Der leichte Nieselregen hinterlässt nur eine feuchte Spur auf grauem Grund. Es riecht nach Sommer und Hitze und den Gewittern, die den Himmel in nicht allzu ferner Zukunft erschüttern werden. Gedämpfter Straßenlärm. Vereinzelte Autos. Murmelnde Gespräche, die Sagenden zu weit weg, als dass man ihren Anlass verstehen würde.
00:58 am.
Eine einzelne glimmende Zigarette auf einer Dachterrasse.
00:59 am.
Ein schreiendes Baby hinter hohen, geschlossenen Fenstern.
01:00 am
Eine Fernsehshow dringt durch die Ritzen der hölzernen Wohnungstür.Irgendwann bröckelte der Putz von den Flurwänden und niemand schaffte ihn fort.
01:01 am.
Buchseiten im schwachen Licht.
01:02 am.
Tiefe, schwere Atemzüge in der Dunkelheit. Ein aufleuchtendes Handydisplay. Ich liebe dich.
01:03 am.
Der goldene Schein der Straßenlaternen bricht sich auf dem feuchten Asphalt.
01:12 am.
Taschenlampen. Ein heller Kegel. Scharfe Kanten. Dahinter eine Dunkelheit, die die Welt verschluckt.
„DIESE VERDAMMTEN KINDER!“
Ein Loch im Zaun. Ein Kellerfenster, das noch niemand versiegelt hat. Es gibt immer einen, der die Türschlösser auf dem Weg nach oben knacken kann.
Er hört sie. Hektische Füße als schwaches Rascheln. Wie Ratten, die man niemals zu Gesicht bekommt. Man weiß trotzdem, dass sie da sind.
Sie haben etwas an die Wände gesprayt. Obszönitäten, Sinnlosigkeiten, Schmierereien. Oder Kunst.
Ihm fehlt das Verständnis dafür.
03:20 am.
Es ist mitten in der Nacht und ich bin hellwach. Die Dunkelheit malt ihre Bilder und ich suche dich in jedem Einzelnen.